Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht beruht immer noch zum Teil auf einem biologistisch-völkischen Abstammungsprinzip – Deutsche*r wird, wer deutsche Eltern hat. Erst im Jahr 2000 wurde es mit einer Reform durch das Geburtsortprinzip (ius soli) ergänzt. Seitdem bekommen Menschen, die in Deutschland geboren werden und keine deutschen Eltern haben, die deutsche Staatsbürgerschaft unter bestimmten Voraussetzungen: Ein Elternteil muss zum Zeitpunkt der Geburt seit acht Jahren seinen gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland haben und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzen. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, bekommen Kinder, die in Deutschland geboren werden, hier aufwachsen und zur Schule gehen, nicht automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie können aber nachträglich einen Antrag auf Einbürgerung stellen.
Wer sich in Deutschland einbürgern lassen möchte und auf diesem Wege die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen will, muss eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen:
- unbefristetes oder auf Dauer angelegtes Aufenthaltsrecht
- rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland seit – in der Regel – 8 Jahren; bei “besonderen Integrationsleistungen” kann diese Frist auf 6 Jahre verkürzt werden.
- geklärte Identität und Staatsangehörigkeit
- Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes
- grundsätzlich Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit
- mündliche und schriftliche deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau B 1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen
- Nachweis über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland (Einbürgerungstest)
- eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts für sich und die unterhaltsberechtigten Angehörigen
- Gewährleistung der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse, insbesondere keine Verheiratung gleichzeitig mit mehreren Ehegatten
- keine Verurteilung wegen einer Straftat
Die Einbürgerung kostet 255 Euro pro Person. Für minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern zusammen eingebürgert werden, sind 51 Euro zu bezahlen. Minderjährige, die ohne ihre Eltern eingebürgert werden, müssen ebenfalls 255 Euro bezahlen.
Die deutsche Staatsbürgerschaft berechtigt dazu, auf kommunaler, Landes- und Bundesebene zu wählen und sich somit an demokratischen Prozessen zu beteiligen. Außerdem können sich Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft selbst für ein politisches Amt bewerben. Sie haben ein unverwirkbares Aufenthaltsrecht, Zugang zum Beamt:innenstatus, genießen Freizügigkeit (Reisefreiheit) innerhalb der EU und Visafreiheit in vielen Ländern der Welt.
In Deutschland leben aktuell mehr als 12 Mio. Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. 1,5 Mio von ihnen haben keinen deutschen Pass, obwohl sie hier geboren sind.
Die Einbürgerungsquote ist seit langer Zeit auf niedrigem Niveau und liegt im europäischen Vergleich im hinteren Drittel. In der EU werden durchschnittlich 2 % der im jeweiligen Land lebenden Bevölkerung eingebürgert, in Deutschland lediglich 1,3 %.
Es gibt eine Reihe von unterschiedlichen Aufenthaltstiteln, die im Aufenthaltsgesetz geregelt sind. Zu unterscheiden ist zwischen befristeten und zweckgebundenen Aufenthaltstiteln, wie etwa einem Visum, der Aufenthaltserlaubnis für Arbeit, Studium oder für Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge – und unbefristeten Aufenthaltstiteln wie die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU.
Daneben gibt es die Aufenthaltsgestattung und die Duldung. Die Aufenthaltsgestattung gewährt Asylsuchenden lediglich für die Dauer des Asylverfahrens ein Aufenthaltsrecht. Die Duldung ist eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung – sie ist kein Aufenthaltstitel und verschafft auch keinen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland. Geduldete Personen sind also ausreisepflichtig, können aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden. Duldungen werden oft nur für einen kurzen Zeitraum erteilt, sodass Betroffene permanent von Abschiebung bedroht sind und immer wieder zur Ausländerbehörde gehen müssen. Nicht selten befinden sich Menschen über Jahre oder Jahrzehnte in dieser Schleife aus Kettenduldungen, weil sie beispielsweise keinen Pass besitzen, ihre Herkunft nicht geklärt werden kann oder keine sichere Rückreisemöglichkeit in das Herkunftsland besteht. Um arbeiten zu können, müssen Geduldete eine Arbeitserlaubnis beantragen, die ihnen oft verwehrt wird. Sie bekommen Sozialleistungen, die unter dem HartzIV-Satz liegen.
Die Regierungsparteien aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben im Koalitionsvertrag vereinbart, ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht zu schaffen. Einbürgerungen sollen in Zukunft bereits nach fünf Jahren möglich sein, bei “besonderen Integrationsleistungen” bereits nach drei Jahren. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern bekommen auch mit den Plänen der Ampel-Regierung nicht automatisch die Staatsbürgerschaft – die Zeit der Aufenthaltsdauer der Eltern wird lediglich von acht auf fünf Jahre verkürzt. Mehrstaatigkeit soll ermöglicht werden. Für Menschen über 67 sind Erleichterungen beim Sprachnachweis und beim Einbürgerungstest geplant.
Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Chancenaufenthaltsrecht ist seit Dezember 2022 in Kraft. Geduldete, die zum Stichtag (31. Oktober 2022) fünf Jahre oder länger in Deutschland lebten, sollen gemeinsam mit ihren Angehörigen eine Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ bekommen. Innerhalb von 18 Monaten sollen sie die Möglichkeit bekommen, die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht zu erfüllen.